Unterwegs sein

Mein Beruf als Musiker bringt mich an viele Orte. Ein Großteil meines Kalenders ist über das Jahr mit Terminen belegt. Nur die wenigsten Stunden davon sind Proben, Studioaufnahmen oder Auftritte. Ich mag es, unterwegs zu sein, aber es gibt auch viele Dinge, auf die ich verzichten könnte.

Eine große Bühne mit viel Publikum davor kann einem schon mal Gänsehaut verpassen, vor allem, wenn das Intro anfängt. So war es auch auf Wacken 2014, mitten in der Nacht, und es war eine tolle Show. Doch um diese Art von Show zu spielen, verbringt man viel Zeit in Bussen, der Bahn, im Auto oder wartet einfach auf die nächste Abfahrt.
Als Teenager habe ich mir das immer toll und so „groß“ vorgestellt, wenn Bands unterwegs sind, und man auf den größten Bühnen spielt. Ich bin jeden Tag froh, dass ich das alles machen kann, aber von den vielen Stunden auf Tour sind schließlich nur 2 Stunden Show, 1 Stunde Soundcheck und noch 1 Stunde Autogramme geben.

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Normal dauert ein Soundcheck bei uns zwischen 30 und 60 Minuten.

Was macht man die anderen 20 Stunden?

Wenn ich Zeit habe schaue ich mir gerne die Stadt an.
Wenn ich Zeit habe, schaue ich mir gerne die Stadt an.

Während ich mit der Band durch das Land reise, kann es gut sein, dass man mich in meiner Buskoje wiederfindet. Dann höre ich einen Podcast, lese etwas, schreibe eine Mail oder kommuniziere mit daheim. Wer viel unterwegs ist, muss lernen, damit umzugehen. Es ist immer unschön, wenn man seine Taschen packt und das Zuhause verlassen muss. Ich mache das nicht gerne und viele meiner Kollegen ebenfalls nicht.

Jeder hat aber auch seinen komplett eigenen Weg, mit dem Leben on Tour umzugehen. Je nach Stadt kann es auch gut sein, dass ich Freunde treffe oder spazieren gehe, bevor die Termine, wie Soundcheck, anstehen. Für mich ist es immer wieder inspirierend, ein paar Schritte zu laufen und etwas Neues zu sehen. Wir waren auch schon öfter mal in einem Museum oder einem Einkaufszentrum. Manchmal geht einem ja die Zahncreme aus.

Man freut sich auf Orte, die man kennt

Gerade wenn man öfter in einer Stadt ist, kennt man sich in der Umgebung um den Club mit der Zeit ein wenig aus und hat ein schönes Café oder ein gutes Restaurant entdeckt, auf das man sich dann auch wieder freut, wenn man wieder mal dort ist. Vor allem unsere Studiowochen in Berlin bringen so etwas mit sich. Wir probieren immer wieder verschiedene Restaurants aus und bekommen hier und da auch Tipps von Ortskundigen. So lerne ich doch gerne die Welt kennen.

Wenn man viel unterwegs ist, beschäftigt man sich zwangsläufig auch mehr mit sich selbst. Sei es durch die Wahl des nächsten Buches oder weil man mal wieder 10 Minuten auf einen Anschluss warten muss. Man lernt mit seiner Zeit zu haushalten und sie zu nutzen. Ebenfalls lernen die meisten auch, ihr Gepäck zu optimieren. Man nimmt irgendwann nicht mehr jeden Mist, von dem man denken könnte, dass man ihn auch braucht, mit auf die Reise. Darüber bin ich doch sehr froh. Ich reise inzwischen mit sehr schlankem Gepäck, was ich auch alles tragen kann, wenn es sein muss.

In Berlin sind wir immer gerne ins alte White Trash gegangen.
In Berlin sind wir immer gerne ins alte White Trash gegangen.

Man lernt nie aus!

Ein Erlebnis, was ich nie wieder vergessen werde.
Ein Erlebnis, was ich nie wieder vergessen werde.

Einige Erlebnisse von Reisen haben mich aber auch sehr geprägt. Man lernt, wie wichtig es doch ist, für einander da zu sein, vor allem mit der Band. Nicht jeder hat immer einen guten Tag und ab und zu ist es doch ganz gut, wenn man Freunde zum Reden hat. Ich werde nie vergessen, wie ich in Kambodscha nachts auf dem Heimweg zum Hotel eine junge Mutter mit ihren beiden Kindern (zwischen 2 und 4 Jahren) am Straßenrand liegen gesehen habe. Sie haben geschlafen, weil sie kein Zuhause haben.
Solche und andere Eindrücke bekommt man nicht zu Hause vor dem Fernseher. Ich empfehle jedem, raus zu gehen und sich die Welt anzuschauen. Man lernt dadurch, was wirklich wichtig ist im Leben.

Was hat sich bei dir nach einer Reise geändert?

7 Antworten zu „Unterwegs sein“

  1. … wow … ein schöner Einblick, vielen Dank, dafür….. schön geschrieben ☺regt zum nachdenken an …………..

  2. Ich kann mich meiner Vorrednerin nur anschließen, danke für in diesen wirklich schönen Einblick in ein Leben „unterwegs“. Ich bin selten unterwegs und wenn dann meist mit Musik auf den Ohren, den Gedanken weit weg, die Augen „verschlossen“ und dem Wunsch ich möge bitte unsichtbar sein…

    1. Danke für den Kommentar Simone.
      Warum möchtest du denn unsichtbar sein? Ich stelle es mir schwer vor, dass man so seine Umgebung in die interessante Welt da draußen wirklich erleben und wahrnehmen kann.

      Gruß Frank

      1. Hallo Frank,

        ehrlich gesagt ist es genau das was ich versuche: Bloß nicht zu viel
        wahrnehmen. Wenn ich unsichtbar wäre, dann wäre zumindest die
        Gefahr gebannt selbst wahrgenommen zu werden. Denn ich empfinde die
        Welt meistens als eher bedrohlich und mein Umgang mit ihr beschränkt
        sich auf ein ängstliches Vermeiden von neuen Erfahrungen oder
        interessanten Begegnungen.

        Gruß Simone

        1. Hallo Simone,
          woher kommt denn dein Empfinden, dass sie Welt bedrohlich ist?
          Was bringt dir denn Freude?

          Gruß Frank

          1. Hallo Frank,

            mal abgesehen davon, dass ich ohnehin ein eher ängstlicher und
            unsicherer Mensch bin, trägt die mediale Überpräsenz von Leid,
            Krisen und Fremdenhass einen nicht unerheblichen Teil dazu bei dass ich die Welt bedrohlich finde.

            Etwas das mir Freude macht? Es fällt es mir schwer da etwas zu
            benennen. Aber ich denke Musik gehört zu den Dingen die mir Freude machen. Ich besitze sogar ein Instrument (Djembe), aber ich kann mich nur selten zum spielen bewegen.

            Gruß Simone

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Frank Heim